Nachrichten-Überblick:
Zuwanderungsgesetz und Bundesverfassungsgericht
Stand: 16. November 2002




Der Streit zwischen Bundeskanzler Schröder, der »Wirtschaftswoche« und das Warten auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum geplanten Zuwanderungsgesetz geht in die nächste Runde. Hier ein kurzer Überblick über Agenturmeldungen der letzten Woche:


Donnerstag, 7. November 2002, 16:41 Uhr
Ungeduldiges Warten auf Karlsruhe

Berlin (AP) Seit fast drei Jahren kämpft die rot-grüne Koalition nun schon für eine grundlegende Neuregelung der Zuwanderung nach Deutschland. Nur wenige Reformen wurden so aufwändig vorbereitet und so kontrovers diskutiert. Wenige Wochen vor dem geplanten In-Kraft-Treten am 1. Januar droht das «Gesetzes zur Begrenzung und Steuerung der Zuwanderung» nun doch noch an der letzten Hürde zu scheitern.

Das berichteten am Donnerstag jedenfalls zwei große Tageszeitung. Die «Süddeutsche Zeitung» und die «Berliner Zeitung» wollen aus Regierungskreisen erfahren haben, dass das Bundesverfassungsgericht das Gesetz voraussichtlich stoppen wird. Die Karlsruher Richter haben über eine Klage von sechs unionsregierten Ländern zu befinden, die sich gegen die umstrittene Verabschiedung im Bundesrat richtet. Den Berichten zufolge teilen fünf der drei Richter des zuständigen Senats die Auffassung der Kläger, dass die Wertung eines geteilten Votums des Landes Brandenburg als Ja-Stimme verfassungswidrig war.

Dass eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts frühzeitig in der Presse auftaucht, hat es schon öfter gegeben. Dass als Quelle für eine solche Information «Regierungskreise» angegeben werden, ist allerdings neu. Der bayerische Staatsminister Erwin Huber witterte am Donnerstag prompt eine gezielte Kampagne. «Offenkundig stammt diese Indiskretion aus dem Kanzleramt, das auf diese Weise Druck auf das Verfassungsgericht ausüben will», sagte der CSU-Politiker laut «Passauer Neue Presse». «Dies ist ein kaltschnäuziger Einsatz von politischer Macht», fügte er hinzu. Ein Regierungssprecher wies die Vorwürfe als «völlig absurde Anschuldigungen» zurück.

Das Verfassungsgericht selbst hatte die Zeitungsberichte bereits am Mittwoch als «absolute Fehlmeldungen» zurückgewiesen. Vom Zeitplan her ist es aber möglich, dass eine Vorentscheidung bereits gefallen ist. Die Karlsruher Richter stimmen in der Regel bereits mehrere Wochen vor der Urteilsverkündung erstmals ab. Anschließend verfasst der Berichterstatter das schriftliche Urteil, dass dann noch einmal abschließend beraten wird. Dass einzelne Richter ihr Votum dabei noch einmal ändern ist möglich.

Erste Szenarien, was bei einem Scheitern des Gesetzes in Karlsruhe passieren könnte, werden bereits öffentlich diskutiert. Der niedersächsische Bundesratsbeauftragte Helmut Holl (SPD) erklärte am Donnerstag, dass das ganze Gesetzgebungsverfahren neu aufgerollt werden müsste, wenn sich die Union mit ihrer Auffassung in Karlsruhe durchsetzt. Der Bundestag habe dann die Möglichkeit, «aus seiner Mitte» das gescheiterte Gesetz erneut direkt in den Bundesrat einzubringen.

Wenn die Länderkammer mit der Mehrheit seiner unionsregierten Länder die Zustimmung verweigere, könne direkt der Vermittlungsausschuss angerufen werden. Dort müsse dann aber ein wirklicher Kompromiss gefunden werden, der auch im Bundesrat Bestand habe.

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Freitag, 8. November 2002, 14:25 Uhr
IW: Geregelte Zuwanderung mildert Probleme der Rentenversicherung

(AFP) Angesichts leerer Rentenkassen hat das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) auf die positiven Auswirkungen der Zuwanderung hingewiesen. Während die deutsche Bevölkerung zunehmend altere, befänden sich unter den Zuwanderern viele junge Leute, erklärte das IW am Freitag. Fast 67 Prozent der 7,3 Millionen in Deutschland lebenden Ausländer seien unter 40 Jahre alt, nur weniger als neun Prozent hätten die 60 schon überschritten. Von den Deutschen zähle dagegen schon heute nur noch knapp jeder Zweite zu den unter 40-Jährigen, während fast ein Viertel 60 Jahre und älter sei.

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Sonntag, 10. November 2002, 12:29 Uhr
Koch will Zuwanderung zum Wahlkampf-Thema machen

Leipzig (AFP)

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) will die Zuwanderung bei der Landtagswahl im nächsten Jahr erneut zum Thema machen. Der CDU-Politiker sagte der "Leipziger Volkszeitung": "Wenn durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Frage der Zuwanderung erneut offen ist, dann ist das selbstverständlich auch ein Thema des Wahlkampfs. Dann stelle sich an einem weiteren Beispiel die Frage, ob Rot-Grün machen könne was es will oder ob die Koalition durch den Bundesrat kontrolliert werde.

Bei der vorausgegangenen Landtagswahl hatte Koch mit einer Unterschriftenaktion gegen die Ausländerpolitik der rot-grünen Bundesregierung protestiert. Skeptisch zeigte sich der Ministerpräsident aber bei der Frage, ob es im Zuge der bevorstehenden Wahl im Februar 2003 zu einer Neuauflage einer solchen Kampagne kommen könne. Offenbar sei das Wort Unterschriftenaktion in Deutschland untrennbar mit seinem Namen verbunden, betonte der Regierungschef. "Trotzdem erlaube ich mir auch weiterhin die Freiheit, jeweils in der Politik angemessen zu reagieren und nicht auf die gleichen Probleme immer wieder die gleichen Antworten zu geben."

Nach bislang unbestätigten Presseberichten hält eine Mehrheit der zuständigen Richter des Bundesverfassungsgerichts das Zustandekommen des Zuwanderungsgesetzes für verfassungswidrig. Gegen die Entscheidung des Bundesrates vom März, bei der die Vertreter Brandenburgs uneinheitlich gestimmt hatten, hatten CDU-Länder geklagt. Eine Entscheidung dazu steht noch aus.

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Montag, 11. November 2002, 07:23 Uhr
CDU-Ministerpräsident Müller für Zuwanderungskonsens

Berlin (dpa) - Der saarländische CDU-Ministerpräsident Peter Müller hat sich für einen großen gesellschaftlichen Konsens in der Zuwanderungsfrage ausgesprochen. Falls das Bundesverfassungsgericht wie von der Union angestrebt das Gesetz der rot-grünen Koalition außer Kraft setze, gebe es die Chance dazu. Das sagte Müller der «Frankfurter Rundschau». Es komme darauf an, die Zuwanderung so zu organisieren, dass die Interessen des Landes und der Zuwanderer zum beiderseitigen Nutzen berücksichtigt werden.

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Dienstag, 12. November 2002, 05:00 Uhr
Union will bei neuem Zuwanderungsgesetz mitarbeiten

Hannover (AP) Die Union ist zu einer Zusammenarbeit mit der Regierung bereit, falls das Bundesverfassungsgericht das Zuwanderungsgesetz für ungültig erklärt. «Wir sind bereit, ein Gesetz mit zu verantworten, das klar zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung führt», sagte der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) der in Hannover erscheinenden «Neuen Presse» (Dienstagsausgabe). Das bestehende Gesetz müsse dafür wesentlich verändert werden. «Für die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte muss es eine Arbeitsmarktnachfrage geben und Flüchtlinge aus humanitären Gründen dürfen nur nach den strengen Regeln der Genfer Flüchtlingskonvention hereingelassen werden», nannte Müller als Bedingungen von CDU/CSU. Außerdem dürften nicht nur jene Ausländer eine Integrationsförderung erhalten, die noch kommen, sondern auch jene, die bereits hier lebten, aber nicht integriert sind.

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Dienstag, 12. November 2002, 10:12 Uhr
Union zu neuem Kompromiss bei Zuwanderung bereit

Hannover (AFP)

Sollte das Zuwanderungsgesetz vom Bundesverfassungsgericht gekippt werden, will sich die Union einem neuen Gesetz nicht verweigern. "Wir sind bereit, ein Gesetz mit zu verantworten, das klar zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung führt", sagte der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse". Das bestehende Gesetz müsse dafür aber wesentlich verändert werden. So müsse es unter anderem für die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte "eine Arbeitsmarktnachfrage geben". Flüchtlinge aus humanitären Gründen dürften zudem nur nach den strengen Regeln der Genfer Flüchtlingskonvention hereingelassen werden.

Zuvor hatte der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) angekündigt, er wolle die Zuwanderung bei der Landtagswahl im kommenden Jahr erneut zum Thema machen. Bei der vorausgegangenen Landtagswahl hatte Koch mit einer Unterschriftenaktion gegen die Ausländerpolitik der rot-grünen Bundesregierung protestiert.

Nach bislang unbestätigten Presseberichten hält eine Mehrheit der zuständigen Richter des Bundesverfassungsgerichts das Zustandekommen des Zuwanderungsgesetzes für verfassungswidrig. Gegen das Votum des Bundesrats vom März, bei der die Vertreter Brandenburgs uneinheitlich gestimmt hatten, hatten CDU-Länder geklagt. Eine Entscheidung dazu steht noch aus.

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Mittwoch, 13. November 2002, 16:10 Uhr
Schröder will juristisch gegen »Wirtschaftswoche» vorgehen
Regierungssprecher: Kanzler hat nicht wegen Zuwanderung auf Verfassungsrichter eingewirkt


Berlin (AP) Bundeskanzler Gerhard Schröder hat eine Meldung der «Wirtschaftswoche» scharf dementiert, derzufolge er persönlich auf einen Richter am Bundesverfassungsgericht eingewirkt habe, das Zuwanderungsgesetz im Sinne der rot-grünen Koalition zu beurteilen. Regierungssprecher Béla Anda nannte diese Meldung am Mittwoch in Berlin «eine falsche und zudem böswillige Unterstellung». Schröder werde juristische Maßnahmen gegen das Blatt ergreifen.

Der Kanzler werde «auf Widerruf und Gegendarstellung und Unterlassung drängen», sagte Anda. Dazu werde er auch juristische Maßnahmen ergreifen. Es habe weder ein Telefongespräch zwischen Schröder und einem der Richter stattgefunden, noch habe er versucht, einen Richter irgendwie zu beeinflussen.

Das Bundesverfassungsgericht hat über eine Klage von sechs unionsregierten Ländern zu entscheiden, die sich gegen die umstrittene Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes im Bundesrat richtet. Das Urteil wird im Dezember erwartet. Zwei Zeitungen hatten in der vergangenen Woche unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, fünf der acht Richter verträten die Auffassung, das Gesetz sei nicht verfassungsgemäß zu Stande gekommen. Eine Sprecherin des Verfassungsgerichts hatte dies als «absolute Fehlmeldung» bezeichnet.

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Mittwoch, 13. November 2002, 16:26 Uhr
Schröder will gegen »Wirtschaftswoche« vorgehen

Berlin (AFP)

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) will juristische Schritte gegen die »Wirtschaftwoche« einleiten. Er reagiert damit auf einen Bericht der neuen Ausgabe des Magazins, wonach Schröder im Verfahren zum Zuwanderungsgesetz persönlich in einem Telefonat auf einen Verfassungsrichter eingewirkt haben soll. »Dies ist eine falsche und zudem böswillige Unterstellung«, sagte Regierungssprecher Bela Anda in Berlin. Der Bundeskanzler habe weder mit einem Verfassungsrichter telefoniert noch in irgendeiner anderen Weise versucht, Einfluss auszuüben.

Die »Wirtschaftswoche« hatte berichtet, Schröder habe mit einem der acht Richter des zuständigen Zweiten Senats telefoniert, um die Urteilsfindung zu beeinflussen. Das Bundesverfassungsgericht (BVG) hatte in der vergangenen Woche Medienberichte zurückgewiesen, wonach die Mehrheit der Richter des Zweiten Senates das Zustandekommen des Zuwanderungsgesetzes für verfassungswidrig hält. »Die Beratungen sind noch nicht zu Ende, alles ist offen und deshalb sind alle Meldungen dazu pure Spekulation«, hatte Gerichtssprecherin Gudrun Schraft-Huber in Karlsruhe gesagt.

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Mittwoch, 13. November 2002, 16:29 Uhr
Kanzler verklagt »Wirtschaftswoche«

Berlin (dpa) – Bundeskanzler Gerhard Schröder will die «Wirtschaftswoche» wegen einer falschen Tatsachenbehauptung verklagen. Das teilte Regierungssprecher Bela Anda mit. Die Zeitschrift hatte in einer Vorabmeldung berichtet, Schröder habe mit einem Verfassungsrichter in Karlsruhe telefoniert, der mit dem Urteil zur Zuwanderung befasst ist. Er habe diesen in seiner Urteilsfindung im Sinne der SPD beeinflussen wollen. Dies sei eine falsche und böswillige Unterstellung, es habe kein Telefonat gegeben, so Anda.

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Zum Nachrichtenüberblick zum gleichen Thema vom 7. November 2002