Vertretung der Berliner VHS DozentInnen
Berlin, den 1.12.02
An den
Präsidenten des Bundesamtes
für Migration und Flüchtlinge
Herrn Dr. Albert Schmid
Frankenstr. 210
90 461 Nürnberg
Sehr geehrter Herr Dr. Albert Schmid,
als langjährige DozentInnen der Erwachsenenbildung schreiben wir Ihnen und möchten Sie auf unbedingt notwendige Änderungen im Zusammenhang mit dem Zuwanderergesetz aus unserer Sicht hinweisen.
Unsere Kritik richtet sich zunächst auf die Rahmenbedingungen der neuen Regelungen. Die Bundesförderung sollte unbedingt auf die Kindbetreuung, sozialpädagogische Begleitung und Alphabetisierung erweitert werden. Diese Kosten können nicht einseitig auf das Land Berlin umgelegt werden.
Die Übergangsregelung für den Sprachverband muss unbedingt verlängert werden, damit die bisherige Versorgung der Bevölkerung mit Deutschkursen nicht zusammen bricht und wenigstens auch die vor Kurzem nach Deutschland gekommenen Ausländer eine angemessene Förderung erhalten. Es ist kaum einzusehen, warum ab dem 1.1.2003 nur Ausländer gefördert werden sollen, die ab diesem Datum eingewandert sind. Was ist mit denen, die im letzten Jahr nach Deutschland gekommen sind? Verdienen diese keine Förderung? Das neue Gesetz ist in der Öffentlichkeit breit diskutiert worden und die Nachfrage auch bei den schon lang in unserer Stadt lebenden Ausländern ist groß. Diese Zielgruppe ist durch die Öffentlichkeit der Thematik zusätzlich mobilisiert worden und die Flure sind während der Beratung übervoll.
Positiv an dem Gesetz scheint uns, dass die Trennung nach Nationalitäten aufgegeben werden wird. Das war in der Beratung immer schon schwer zu vermitteln, wenn ein Teilnehmer täglich lernen möchte, und wir ihm sagen mussten: dieser Kurs ist nur für Teilnehmer aus (...), aber nicht für Sie. Nun gibt es eine neue Trennung nach Neuzuwanderern und Einwanderern, die schon lang in Deutschland leben. Was passiert mit der Förderung von Ausländern, die schon lang hier leben, um nicht das neue Unwort Bestandsausländer zu verwenden, wenn für Neuzuwanderer ein Rechtsanspruch auf Förderung gegeben ist?
In diesem Kontext sollte die Förderung auch unabhängig vom Eingangsniveau erfolgen und des Weiteren eine Verlängerung der Förderung für langsame Lerner möglich sein.
Eine Nachbesserung des Gesetzes ist auch hinsichtlich der Qualifikationsanforderung an die DozentInnen, wie sie bisher im Gesetz vorgesehen ist, notwendig. Wir begrüßen es, dass ein Hochschulabschluss verlangt wird. Dieses wertet die Arbeit auf und fördert die Qualität der Erwachsenenbildung, wie sie auch in europäischen Nachbarländern gegeben ist.
KollegInnen, die kein Staatsexamen mehr gemacht haben zu einer Zeit, als sie mit dem Abschluss Staatsexamen keine Chance hatten, in den Schuldienst übernommen zu werden, sind stattdessen auf den Universitätsabschluss Germanistik, Sozialwissenschaft oder Pädagogik ausgewichen, mit dem Ziel, in der Erwachsenenbildung zu unterrichten. Eine vorgesehene Regelung auf Antrag reicht hier schon allein deshalb nicht aus, da die KollegInnen sich durch ihre langjährige Unterrichtspraxis zusätzliche Qualifikationen zum Unterricht mit Erwachse-nen erworben haben. Bei Nichtanerkennung des Magisterabschlusses in Germanistik würden Sie stattdessen die KollegInnen ungeschützt in die Arbeitslosigkeit schicken, und das unbe-absichtigt möglicherweise nur aus bürokratischen Gründen. Die zur Zeit vorgesehene Reg-lung würde eine kaum zumutbare Ungerechtigkeit zur Folge haben. Sie würde außerdem der Praxis wiedersprechen, dass DozentInnen in der Regel mit dem M.A. Germanistik für den internationalen Deutschunterricht zum Beispiel beim DAAD oder Goethe Institut eingesetzt werden. Deshalb möchten wir vorschlagen, diese bewährte Praxis fortzusetzen und den Magi-ster Hochschulabschluss neben dem Staatsexamen als weiterer Qualifikation auch ohne An-trag anzuerkennen.
Eine Regelung auf Antrag kann jederzeit wieder verändert werden und bedeutet für unseren Berufsstand eine erhebliche Verschärfung unserer Arbeitsbedingungen, zumal DozentInnen in der Regel freiberuflich beschäftigt sind und sie sich permanent bei unterschiedlichen Trägern neu mit ihren Qualifikationen anbieten.
Mit freundlichen Grüßen
Die Berliner DozentInnenvertretung